Friedhelm Horn hält Vortrag über den Holocaust

Am 29.01. 2024 hat die Fachgruppe Geschichte den Holocaust – Gedenktag des Ratsgymnasiums gestaltet. Wegen der Umbauarbeiten in unserer Schule hat uns dankenswerterweise die IGS ihre Aula zur Verfügung gestellt.

Teilgenommen haben fast die gesamte Oberstufe des Ratsgymnasiums und auch Oberstufenschüler der IGS. Nach einleitenden Worten von Herrn Thiemer, Direktor der IGS, und Herrn Asmuth, Fachobmann Geschichte, hielt Herr Friedhelm Horn, ehemaliger Studiendirektor und Geschichtslehrer des Ratsgymnasiums, einen Vortrag zum Gedenktag und zur schwierigen Erinnerungskultur Deutschlands.

Herr Horn stellte dem Auditorium die grundsätzlichen Entwicklungslinien der modernen deutschen Geschichte dar, an deren Ende nicht zwangsläufig Hitler und der Holocaust stehen mussten. Auch deshalb war der Holocaust ein unerklärliches, unvorstellbares Verbrechen, dessen Besonderheit Herr Horn in seinem Vortrag hervorgehoben hat.

Im weiteren Verlauf seiner Rede stellte Herr Horn den 09. November als deutschen Schicksalstag hervor, und weshalb er als nationaler Gedenk – und Feiertag nicht in Betracht komme. Aber auch der 03. Oktober sei als Feiertag wenig geeignet und erzeuge keine Identifikation zu einer geeinten Nation, weil er an einen rein juristischen Akt erinnere, an das Inkrafttreten des Einigungsvertrages 1990. Herr Horn plädierte dafür, die pluralistische Demokratie als eine Staats – und Lebensform zu würdigen und zu feiern, etwa mit dem 23. Mai, als unser Grundgesetz 1949 erlassen worden ist, oder mit dem 18. März, als die Revolutionäre 1848 in Berlin die preußische Monarchie besiegt und eine freiheitliche Verfassung auch für ganz Deutschland gefordert hatten. Dabei regte er auch den Gedanken an, ob überhaupt ein solcher nationaler Gedenk – und Feiertag notwendig sei. Mit diesen vielfältigen Gedankenanstößen werden die Zuhörer im Geschichtsunterricht noch viel zu erörtern haben.

Text: Harald Asmuth

Gedenken zum Holocaust – Ausstellung in der Pausenhalle

Nie wieder!

Die Ausstellung zum Holocaust-Gedenktag am 27.01.2024 in der Pausenhalle des Ratsgymnasiums soll daran erinnern, woher diese Verpflichtung kommt: Deutschland trägt die besondere Verantwortung, die sich aus der Schuld an der Ermordung von 6.000.000 Juden während des Nationalsozialismus ergibt, dass sich dergleichen niemals wiederholen darf.
Stellvertretend für so entsetzlich Viele, bildet das Schicksal von Anne Frank und ihrer Familie und der ebenfalls untergetauchten Bekannten einen Schwerpunkt der Ausstellung. Aber auch ihre Helfer, die sie lange in ihrem Versteck unter Lebensgefahr versorgten, werden   gewürdigt: Zivilcourage war möglich!

Die historischen Formen des Antisemitismus und ihre heutigen Formen und Dimensionen müssen ebenfalls dargestellt werden, schließlich steigen antisemitische Straftaten seit dem 7. Oktober 2023 mehr als deutlich, sie haben sich vervierfacht.

Die kürzlich bekannt gewordene Geheimkonferenz in Potsdam, auf der sich AfD-, Werteunions-, CDU-Mitglieder und Wirtschaftsvertreter zusammen mit einem bekannten Rechtsextremen über die millionenfache Deportation (Vertreibung,)ihnen unerwünschter Menschen mit und ohne deutsche Staatsbürgerschaft austauschten, schreckt zusätzlich aktuell hunderttausende Menschen auf. Auch in Rotenburg gingen vergangenes Wochenende ca. 1200 Menschen auf eine Demonstration gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit und für Demokratie. “Nie wieder ist jetzt”, eine Wiederholung der schlimmsten Verbrechen, die von Deutschland ausgingen, muss verhindert werden.

Wie sich die Demokratie und junge Demokraten wehren können, bildet daher den Abschluss der Ausstellungsinhalte.

Nie wieder ist jetzt!

(Text: Corinna Barkholdt)

Ehrung der Teilnehmer des Wettbewerbs zum Holocaust-Gedenktag am Ratsgymnasium

Am 13. Juli 2021 konnten nach langem Warten endlich Hauptpreis und Urkunden des Wettbewerbs für demokratisches Engagement, ausgerichtet mit Unterstützung des Fördervereins der Cohn-Scheune e.V. in Rotenburg, an die auszuzeichnenden Schülerinnen und Schüler am Ratsgymnasium übergeben werden. Der von der Schulbibliothek des Ratsgymnasiums initiierte Wettbewerb fand anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar statt.

Da die pandemiebedingten Schulschließungen die vorgesehenen Gedenkformate nicht zuließen, konnte mit freundlicher Unterstützung der Leiterin des Jüdischen Museums in Rotenburg, Prof. Inge Hansen-Schaberg, der Gedenktag dennoch in digitaler Form stattfinden. Der damit verbundene Wettbewerb richtete sich anhand konkreter antisemitischer Vorfälle, beispielsweise einer antisemitischen Zeichnung im Schulheft eines jüdischen Mädchens, an Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs. Ihre Aufgabe war es, möglichst einfühlsame und effektive Reaktionen auf solche oder ähnliche Situationen zu entwickeln, die der betroffenen Schülerin in oder nach der Situation hätten helfen können. Als Abgabeformate waren beispielsweise Fotostory, ein Drehbuch für ein Rollenspiel, ein Podcast, eine Zeichnung oder ein Comic möglich. Entsprechend vielfältig und spannend waren die über 100 eingegangenen Beiträge.

Emma June Greßmann aus der 8L hat schließlich mit einem aufwändig produzierten Video die Jury besonders davon überzeugen können, dass die von ihr inszenierten Handlungsmöglichkeiten eine effektive Reaktion auf antisemitische Handlungen darstellen: Zivilcourage, die Einbindung von Erziehungsverantwortlichen, von Lehrkräften und Schulleitung, standen bei Emmas Ansatz im Mittelpunkt.

Eine Fotostory, eine Zeichnung und ein Comic gehören zu den weiteren preiswürdigen Beiträgen gegen Antisemitismus: Mariella Wilzer und Letizia Gerla aus der 8K konnten den 2., Hannes Busse und Bastian Emshoff aus der 8L den 3., Johannes Heilscher (8P2) den 4. Platz, Jenna Sophie Behrens (8P2) und Finni Lotte Kuhlke (8L) den 5. und Nike Westermann (8L) den 6. Platz erreichen.

Während der Preisverleihung, coronabedingt ohne Publikum in der Aula des Ratsgymnasiums, fand nicht nur Schulleiterin Iris Rehder lobende Worte, auch die den Wettbewerb und die Schülerinnen und Schüler begleitende Lehrkraft Dr. Corinna Barholdt war sichtlich beeindruckt von den Leistungen. In einer eine Videobotschaft gratulierte schließlich auch Prof. Inge Hansen-Schaberg und würdigte das besondere Engagement der Preisträgerinnen und Preisträger. Sie wiederholte bei dieser Gelegenheit auch ihre Zusage, die prämierten Arbeiten in der Cohn-Scheune einem breiteren Publikum präsentieren zu wollen.

Antisemitismus im Rotenburg der NS-Zeit

Gratulation an die Schülerinnen und Schüler

Digitaler Holocaust-Gedenktag 2021

„Du Jude!“ – das ist als lockerer Spruch nicht witzig, gerade dann, wenn er „witzig“ gemeint sein soll… Warum diese Art der Verwendung mehr als problematisch ist, daran erinnert der Holocaust-Gedenktag am 27. Januar jeden Jahres. Auch wir am Ratsgymnasium Rotenburg begehen ihn wieder – in diesem Jahr allerdings digital. Worum geht es an diesem Gedenktag denn überhaupt? Und was hat er mit der Cohn-Scheune in Rotenburg und dem Ratsgymnasium zu tun? Das erfahrt ihr im Folgenden:

Der 27. Januar als Holocaust-Gedenktag

Der Holocaust-Gedenktag erinnert vorrangig an die Ermordung der deutschen und europäischen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus. Nach 1941 wurden Juden nur noch aus einem einzigen Grund in Konzentrationslager geschickt: um sie dort zu ermorden. Insgesamt wurden von 1933 bis 1945 in Europa mehr als sechs Millionen Juden ermordet.

Diesen Massenmord nennt man auch den Holocaust, abstammend vom griechischen Wort holokaustus – “völlig verbrannt”. Die überlebenden und nachgeborenen Juden nennen den Holocaust auch Shoa. Das ist Hebräisch und bedeutet so viel wie “Katastrophe”.

Der 27. Januar markiert den Tag der Befreiung eines der schrecklichsten der sogenannten “Konzentrationslager”, in denen die Ermordung systematisch organisiert wurde, Auschwitz-Birkenau, durch die Rote Armee im Jahr 1945. Deshalb ist dieses Datum der offizielle Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Hier drei Quellen, mit denen Ihr Euch eingehender informieren könnt:

und der Podcast “Was ist der Holocaust?” von kindernetz.de.

Was hat dieser Tag mit der Cohn-Scheune und dem Ratsgymnasium in Rotenburg zu tun?

Lasst Euch von Frau Hansen-Schaberg, der Vorsitzenden des Fördervereins des Jüdischen Museums Cohn-Scheune in Rotenburg/Wümme, in ihrer Videobotschaft an die Schulgemeinschaft des Ratsgymnasiums auf dem schuleigenen youtube-Kanal erklären, wo die Verbindung von Holocaust und Rotenburg ist.

Die Cohn-Scheune in Rotenburg

Ihr seid überrascht, dass es ein jüdisches Museum in Rotenburg gibt? Wollt Ihr einmal reinschauen? Kein Problem – hier geht es zum virtuellen Rundgang durch die Cohn-Scheune:

Dass der Antisemitismus der Vergangenheit aber leider längst nicht Geschichte ist, dass kann man teilweise auch aus solchen gedankenlos dahingesagten Bemerkungen wie der eingangs geschilderten ableiten. Vielleicht habt Ihr sogar selbst schon mal solche Erfahrungen gemacht?

Hier berichten jüdische Schülerinnen und Schüler von heute in einer zdf-Dokumentation von ihren eigenen Erfahrungen mit Antisemitismus in deutschen Schulen – aber nicht 1938, sondern im Jahr 2020: 

Kann man da nichts machen? Auf jeden Fall! Die 8. Klassen des Ratsgymnasiums zeigen euch, wie es geht: in Kürze lest ihr hier ihre Vorschläge, die sie am heutigen Gedenktag erarbeiten werden! Bis dahin, schaut doch mal hier hinein: 

Und ein Argumentationstraining gegen Ausgrenzung und Diskriminierung startet bei uns mit einer Peerausbildung im April – vielleicht habt ihr Glück und bekommt den letzten freien Platz? Schickt einfach Eurer Klassenlehrkraft eine Mail.

Ihr wisst ja, es gibt nichts Gutes, außer man tut es…

Corinna Barkholdt

Ehrung und Auszeichnung für die Ausstellung zum Holocaust-Gedenktag

Viel Arbeit hat Johanna Weiler, Schülerin der Klasse 8P1 am Ratsgymnasium, in die Erstellung eines Quiz‘ zur von ihrer und anderen Klassen und Kursen anlässlich des Holocaust-Gedenktages vorbereiteten Ausstellung investiert.

Seit dem 27. Januar haben sich die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums, aber auch Besucher von außerhalb, an den zahlreichen Stellwänden über die Shoah und Antisemitismus, Hass und antidemokratische Bestrebungen der Gegenwart informieren können. Initiiert hatte das Projekt, dass aus den Fachgruppen Religion, Geschichte und Politik begleitet wurde, die Lehrerin Dr. Corinna Barkholdt (Politik/Geschichte).

Neben den Informationstafeln entstand auch in der Schulbibliothek ein die Ausstellung begleitender Büchertisch. Auf diesem fand auch der im Rahmen der Holzwerken-AG entstandene Nachbau des Hinterhauses, in dem sich die Familie Frank und ihre Bekannten vor der Gestapo versteckte, seinen Platz.

Im Rahmen der Besichtigungen der Ausstellung wurden an die Besucherinnen und Besucher begleitende Fragen in Form eines Quiz‘ verteilt, insgesamt mehr als 200 an der Zahl. Ausgewertet wurden die Bögen von der Klasse 8P1, die auch den Ausstellungsteil zu Anne Frank vorbereitet hatte. Preisträgerin ist die Schülerin Silja Kiesel aus der Klasse 8F, sie erhielt aus den Händen von Schulleiterin Iris Rehder einen vom Freundeskreis des Ratsgymnasiums Rotenburg gestifteten 20-Euro-Gutschein für die Buchhandlung Mauer.

Die gesamte Klasse 8P1 (Bild) wird am 28. Februar eine Exkursion in das Rotenburger Rathaus unternehmen, in dem eine Ausstellung zum heutigen Antisemitismus präsentiert wird. Das Ratsgymnasium plant eine jährliche, fächerübergreifende Veranstaltung anlässlich des Holocaust-Gedenktages zu etablieren, für deren Ausgestaltung sich bereits jetzt die ersten Klassen mit Ideen gemeldet haben.

Als Anerkennung für ihre Ausstellungsbeiträge erhielten zunächst alle Schülerinnen und Schüler der 8P1 mit dem Halbjahreszeugnis eine würdigende Urkunde mit den Unterschriften der Schulleiterin und des Vorstands der Cohn-Scheune. Auch in Zukunft soll dieses gesellschaftliche und demokratische Engagement von Seiten der Schule, der Cohn-Scheune und anderer lokaler Institutionen gewürdigt werden.

Eindrücke der Ausstellung

Holocaust-Gedenktag am 27. Januar

Am 27. Januar 2020 jährte sich zum 75. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, in dem nach jüngeren Erkenntnissen weit mehr als 1,1 Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten.  Aus diesem Anlass heraus, aber auch aus der Sorge um einen in Deutschland und Europa wieder erstarkenden Antisemitismus, wurde am Ratsgymnasium Rotenburg unter Beteiligung der Fächer Politik-Wirtschaft, Deutsch, Religion und Geschichte zum Thema Judenfeindlichkeit eine schulische Ausstellung eröffnet, die bis zum 07.02.2020 in der Pausenhalle präsentiert wird. Schulleiterin Iris Rehder erinnerte in ihrer Eröffnungsrede daran, dass sowohl Täter wie Opfer Menschen waren. „Die Täter waren fast immer Deutsche. Damit wir uns immer wieder klar machen, dass es hier nicht um anonyme Geschichtsfakten geht, sondern dass das Unrechtsregime im Dritten Reich Nachbarn, Verwandte und Freunde betraf, auch hier in Rotenburg.“ Aus diesem Grund hätten sich Lehrende und Lernende am Ratsgymnasium zusammengefunden und diese Ausstellung vorbereitet. Sie dankte allen Beteiligten für die geleistete Arbeit.

Manfred Göx, Vorstandsmitglied des Fördervereins der Cohn-Scheune, dem zentralen Ort für die Erinnerung an Leben, Kultur und Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Rotenburg, berichtete von der gesellschaftlichen Relevanz der Erinnerung und der Verantwortung, die den Nachfahren zukommt. Gerade deshalb sprach auch er den beteiligten Jugendlichen seine Hochachtung und seinen Dank für die geleistete Arbeit aus.

Der Historiker und ehemalige Kollege am Ratsgymnasium Friedhelm Horn erinnerte Beispielhaft an das Leben von Hildegard Jacobsen, der letzten Überlebenden der Familie Cohn. Sie konnte nach Großbritannien fliehen, ihre Eltern aber wurden 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet. Hildegard war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt. Horn verwies darauf, wie wichtig die Auseinandersetzung mit eben dieser menschlichen Seite des Holocaust sei – auch oder gerade deswegen sei das Ausstellungsprojekt ein wichtiger Baustein der lebendigen Erinnerung.

Die Ausstellung umfasst Erläuterungen zu historischen und gegenwärtigen Formen sowie Entwicklungen der Judenfeindlichkeit in Deutschland. Die Projektarbeit einer 8. Klasse zeigt am konkreten Schicksal Anne Franks, ihrer Familie und Mitverfolgten, wie sich Judenfeindlichkeit auf das Leben von einzelnen Menschen ausgewirkt hat. Die Ausstellung beinhaltet neben einer Audiodatei mit einem von einer Schülerin vorgelesenen Tagebucheintrag von Anne Frank auch ein Quiz, das mit Hilfe der der Ausstellung gelöst werden kann- Der in liebevoller Arbeit gefertigte Modellnachbau des Hinterhauses, in dem sich die Familie Frank und Bekannte (vergeblich) vor den Verfolgern zu verstecken versuchten ergänzt den Thementisch, der in der Schulbibliothek zentral aufgebaut ist.

Leider ist es in der Ausstellung aber auch notwendig, ganz aktuelle Entwicklungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu thematisieren. Insbesondere Beispiele aus den neuen sozialen Medien belegen hier eine fortschreitende Verrohung.

Die Ausstellung will schließlich auch ganz konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, wie jeder Hass und Hetze effektiv begegnen kann. So sollen Schülerinnen und Schüler des Ratsgymnasiums, aber auch das Kollegium gestärkt werden für ein klares Eintreten gegen Antisemitismus, Hass, Rassismus und Intoleranz.

Vera Meyer spricht zur jüdischen Geschichte

„Ich will Menschen zusammenbringen“ – Vera Meyer spricht am Ratsgymnasium

Ihr Vater, Dr. Alfred Meyer, ein 1920 in Bielefeld geborener, später international renommierter Politikwissenschaftler, floh 1939 vor den Nationalsozialisten in die USA – er war jüdischen Glaubens. Auch ihre Mutter, Eva Apfel, konnte sich gemeinsam mit den Eltern 1936 noch dorthin in Sicherheit retten. Andere Familienangehörige, Großeltern, Tanten, Onkel, hatten weniger Glück, wurden verhaftet, verschleppt und ermordet.

Vera Meyer, deren Eltern sich im Exil kennen und lieben lernten, gehört zur ersten Generation der Nach-Shoa-Kinder, die zwar nicht mehr selbst unmittelbar verfolgt wurden, deren Leben aber durch die allgegenwärtigen physischen und psychischen Folgen, durch Verlust von Familie und Heimat, durch Erzählungen und berichtete Erinnerungen in ihrem gesamten Leben durch den Holocaust begleitet werden.

Umso glücklicher, dass Vera Meyer aus diesem Schatten treten und im Land der Täter auf deren Kinder und Enkel zugehen kann. „Ich will Menschen zusammenbringen, nicht trennen,“ sagt sie über sich selbst. Auch deshalb fand sie auf Einladung von Michael Amthor gerne den Weg nach Rotenburg. Nachdem Vera Meyer am Vorabend in der Cohn-Scheune über die Wurzeln ihrer Familie in Deutschland gesprochen hatte, suchte sie am nächsten Morgen ausgeruht das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern des Ratsgymnasiums. In der Aula der Schule erzählte die freundliche, aufgeschlossene Bostonerin zunächst zwei 6. Klassen von der Jugend und Kindheit ihrer Eltern in Deutschland, davon wie sich das Land auch vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten bereits zu verändern begann, von Flucht und Vertreibung. Beide Klassen hatten im Deutschunterricht den Roman “Und im Fenster der Himmel” gelesen, der sich mit dem Schicksal jüdischer Kinder im Dritten Reich beschäftigt. Später nahm sie sich nochmals 90 Minuten Zeit, um mit den Schülerinnen und Schülern des 10. Jahrgangs über den Nationalsozialismus und dessen Bedeutung für Deutschland und die Verfolgten im Land zu sprechen. Immer wieder wies sie dabei auch auf den Verlust an Menschen und Kultur hin, den sich das Land mit der wachsenden Barbarei gegen eine Gruppe der eigenen Bevölkerung zufügte. Für die Anwesenden spannend waren die begleitenden Bilder aus dem Privatbesitz Vera Meyers, die den Namen und Erzählungen Gesichter verliehen, deutlich machten, dass hinter diesen Geschichten echte Menschenleben stehen.

So waren die Schülerinnen und Schüler durch den Vortrag sichtlich bewegt, gleichzeitig auch berührt von der offenen und freundlichen Art, mit der Vera Meyer so viele schmerzliche Erinnerungen und Geschichten mit ihnen teilte. Wer Vera Meyer kennt, ist hiervon indes weniger überrascht: „Die von den Nazis angestrebte Ausgrenzung des jüdischen Teils der Bevölkerung möchte ich wieder rückgängig machen. Die Wunden sollen also wieder geheilt werden,” beschreibt sie ihre Motivation. Und das, so Meyer, geht nur, wenn jeder Mensch als wichtig und wertvoll erachtet wird.

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