Ehrung der Teilnehmer des Wettbewerbs zum Holocaust-Gedenktag am Ratsgymnasium

Am 13. Juli 2021 konnten nach langem Warten endlich Hauptpreis und Urkunden des Wettbewerbs für demokratisches Engagement, ausgerichtet mit Unterstützung des Fördervereins der Cohn-Scheune e.V. in Rotenburg, an die auszuzeichnenden Schülerinnen und Schüler am Ratsgymnasium übergeben werden. Der von der Schulbibliothek des Ratsgymnasiums initiierte Wettbewerb fand anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar statt.

Da die pandemiebedingten Schulschließungen die vorgesehenen Gedenkformate nicht zuließen, konnte mit freundlicher Unterstützung der Leiterin des Jüdischen Museums in Rotenburg, Prof. Inge Hansen-Schaberg, der Gedenktag dennoch in digitaler Form stattfinden. Der damit verbundene Wettbewerb richtete sich anhand konkreter antisemitischer Vorfälle, beispielsweise einer antisemitischen Zeichnung im Schulheft eines jüdischen Mädchens, an Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs. Ihre Aufgabe war es, möglichst einfühlsame und effektive Reaktionen auf solche oder ähnliche Situationen zu entwickeln, die der betroffenen Schülerin in oder nach der Situation hätten helfen können. Als Abgabeformate waren beispielsweise Fotostory, ein Drehbuch für ein Rollenspiel, ein Podcast, eine Zeichnung oder ein Comic möglich. Entsprechend vielfältig und spannend waren die über 100 eingegangenen Beiträge.

Emma June Greßmann aus der 8L hat schließlich mit einem aufwändig produzierten Video die Jury besonders davon überzeugen können, dass die von ihr inszenierten Handlungsmöglichkeiten eine effektive Reaktion auf antisemitische Handlungen darstellen: Zivilcourage, die Einbindung von Erziehungsverantwortlichen, von Lehrkräften und Schulleitung, standen bei Emmas Ansatz im Mittelpunkt.

Eine Fotostory, eine Zeichnung und ein Comic gehören zu den weiteren preiswürdigen Beiträgen gegen Antisemitismus: Mariella Wilzer und Letizia Gerla aus der 8K konnten den 2., Hannes Busse und Bastian Emshoff aus der 8L den 3., Johannes Heilscher (8P2) den 4. Platz, Jenna Sophie Behrens (8P2) und Finni Lotte Kuhlke (8L) den 5. und Nike Westermann (8L) den 6. Platz erreichen.

Während der Preisverleihung, coronabedingt ohne Publikum in der Aula des Ratsgymnasiums, fand nicht nur Schulleiterin Iris Rehder lobende Worte, auch die den Wettbewerb und die Schülerinnen und Schüler begleitende Lehrkraft Dr. Corinna Barholdt war sichtlich beeindruckt von den Leistungen. In einer eine Videobotschaft gratulierte schließlich auch Prof. Inge Hansen-Schaberg und würdigte das besondere Engagement der Preisträgerinnen und Preisträger. Sie wiederholte bei dieser Gelegenheit auch ihre Zusage, die prämierten Arbeiten in der Cohn-Scheune einem breiteren Publikum präsentieren zu wollen.

Antisemitismus im Rotenburg der NS-Zeit

Gratulation an die Schülerinnen und Schüler

“Au revoir, Loïsse!” – französische Austauschschülerin verabschiedet

Genau am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli, hat die Klasse 10PF gemeinsam mit ihrer Französisch-Lehrerin Frauke Brieger die Gastschülerin Loïsse Babin mit Geschenken, kleinen Reden auf Französisch und Deutsch und einem französischen Buffet verabschiedet. Die Mitschüler betonten in ihren Abschiedsworten, dass sie die Französin nur sehr ungern wieder in die Heimat zurückkehren ließen und wie sehr diese in den letzten Wochen ihre Deutschkenntnisse verbessert habe.

Die Französisch-Fachgruppe am Ratsgymnasium war glücklich, den Lerngruppen eine „waschechte Französin” vorstellen zu können, die den Schülerinnen und Schülern von ihrem Leben in Caen in der Normandie berichtete – und dabei mit ihrem Akzent und ihrer freundlichen Art in der norddeutschen Tiefebene erfolgreich ihren französischen Charme versprühte.

Loïsse verlässt das Ratsgymnasium nach einem dreimonatigen Austausch, der durch das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) organisiert wurde, das französischen und deutschen Schülern unkompliziert und kostengünstig einen Aufenthalt im jeweiligen Nachbarland ermöglicht.

Im neuen Schuljahr wird Loïsses Austauschpartnerin Merle Damerow ihrerseits im Rahmen des Brigitte-Sauzay-Programms für drei Monate nach Frankreich reisen. Das deutsch-französische Tandem hat sich bereits in Rotenburg bestens verstanden und freut sich schon jetzt auf ein Wiedersehen in der Normandie. Da könnte man doch glatt Lust verspüren, es den beiden gleich zu tun…

Wir wünschen Loïsse und Merle alles Gute und “Bonne chance!”

Text und Fotos: Frauke Brieger

INTERESSE?

Selbst mal Frankreich kennenlernen?

Austauschprogramm 2022 : Jahrgänge 10/11

Kontakt: Frau Rößler

Ein Jahr als Sprachlehrer in China – Aaron Kruse kehrt für Vortrag ans Ratsgymnasium zurück

Im Sommer 2019 hat Aaron Kruse das Ratsgymnasium mit dem Abitur in der Hand verlassen, im Spätsommer 2020 ist er wieder da, allerdings unter ganz anderen Vorzeichen. Nach der Schule hatte sich der Rotenburger in das mehr als 8.000 Kilometer entfernte Wenxian in Zentralchina aufgemacht, um dort an der No. 1 Senior High School als „Oral English Teacher“ zu unterrichten.

 „Ich war in Englisch nicht unbedingt der Beste, in der Schule hat’s für eine ordentliche Note gereicht – aber dort war ich überragend,“ eine schmunzelnd vorgetragene Erkenntnis, die unter den anwesenden Schülerinnen und Schülern des versammelten 11. Jahrgangs in der Aula an der Gerberstraße einige Heiterkeit auslöst.

Aaron Kruse stellt in einem lebendigen, mit zahlreichen Fotos und Videos unterlegten Vortrag seine Arbeit als Freiwilliger im Rahmen des „weltwärts“-Programms des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dar. Entsandt wurde er auf seine Stelle durch das Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche.

Auf seinen Einsatzort, eine Schule mit ca. 2.000 Lernenden der Jahrgangsstufen 10-13 im mit 80.000 Einwohnern für chinesische Begriffe eher als Kleinstadt zu bezeichnende Wenxian, wurde er im Rahmen von Seminaren und Sprachkursen mit anderen Freiwilligen vorbereitet. Dennoch hielten die Arbeit und das Leben in der als Internat geführten Schule so manche Überraschung für ihn, aber auch die vernehmlich beeindruckten Zuhörer, bereit: Unterrichtsbeginn um 7:00 Uhr, Ende der letzten Stunde um 22:30 Uhr? Unvorstellbar für das Publikum. Auch andere Ausführungen überraschten: „Das Schulgebäude ist zwar erst fünf Jahre alt, sieht aber deutlich schlechter aus als das Ratsgymnasium – in China wird dann lieber gleich neu gebaut, als zu unterhalten und zu renovieren,“ so Kruse.

Ein ursprünglich für die Familie in der Heimat zu Weihnachten angefertigtes Video zeigt einen typischen Tagesablauf an der No. 1 Senior High School und gewährt so auch dem Publikum Einblicke in Leben und Arbeit vor Ort. Eiserne Disziplin und Strenge beim Lernen, Unterricht lediglich als Lehrervortrag, absoluter Gehorsam geben Einblicke in eine ganz andere Schule, als sie die Zuhörerschaft aus ihrem eigenen Alltag kennt. Der von den chinesischen Kollegen als Geschenk an Aaron Kruse überreichte, hübsch verzierte Prügelstock führt dann auch noch eine ganz andere Seite des Gesellschaftsverständnisses vor Augen.

Besonders spannend sind für Schülerinnen und Schüler aber die humorig und unterhaltsam vorgetragenen Anekdoten und Alltagsepisoden, mit denen der ehemalige Ratsgymnasiast auch andere Aspekte seiner Zeit im Reich der Mitte beschreibt. Denn neben der Arbeit in der Schule gab es auch Gelegenheiten für Reisen und Ausflüge an die Große Mauer oder nach Peking. Als dann in Wuhan das Coronavirus zu wüten begann, fand das Abenteuer leider ein vorzeitiges Ende.

Dennoch: Man merkt Aaron Kruse die Freude über die gewonnene Erfahrung deutlich an, aber auch den zu Recht empfundenen Stolz darauf, den Mut zu diesem großen Schritt gefasst und das Jahr erfolgreich bewältigt zu haben. Einiges dieses Gefühls dürfte auch auf sein Publikum übergesprungen sein…

„Am Ende des Tunnels“ – Open Air Ausstellungsbesuch der Klasse 9Pf

Im Rahmen des Kunstunterrichtes besuchte die Klasse 9Pf mit 16 Schülerinnen und Schülern die von der Cohn-Scheune organisierte Ausstellung „Am Ende des Tunnels“. Die begleitende Lehrkraft Sabine Neugebauer berichtet:

Steht man vor der Stadtkirche in Rotenburg, so fallen dem Betrachter sofort drei mittelhohe Litfaßsäulen ins Auge. Aufgedruckte Texte, die mit Zeitungsmeldungen in Verbindung gebracht werden, Bilder, die nicht an Werbung erinnern – Ungewohntes.

Inge Hansen-Schaberg, Vorsitzende des Fördervereins Cohn-Scheune e.V.  hat die Säulen, die von August bis Oktober 2019 in Berlin vor dem Bahnhof Charlottenburg zu sehen waren, bis zum 30. September nach Rotenburg geholt. Sie gab uns Besuchern eine kurze Einführung in die geschichtlichen Zusammenhängen der sogenannten Kindertransporte – ca. 10.000 jüdische Kinder und Jugendliche aus Deutschland, Österreich, Polen und der Tschechoslowakei wurden in den Jahren 1938 und 1939 vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten gerettet, u.a. in Zügen, die von Berlin Charlottenburg abfuhren. Hansen-Schaberg verwies dabei auch auf die benachbarte Cohn-Scheune und ihre lokalen Bezüge.

Gegenwärtig setzen sich einige der damals geretteten Kinder, heute oftmals Personen des öffentlichen Lebens, in der aktuellen Flüchtlingskrise für eine Neuauflage der rettenden “Kindertransporte” für Minderjährige aus syrischen Bürgerkriegsregionen ein. Die 16 Schülerinnen und Schüler der 9 PF befassten sich mit großer Aufmerksamkeit mit den ausgestellten Berichten und Fotografien.

Geschichte im öffentlichen Raum” – dies war auch Thema der sich anschließenden Auseinandersetzung mit weiteren Formen bildnerischer Gestaltung. So diskutierten die Schülerinnen und Schüler beispielsweise über das vor wenigen Tagen  in der Mannheimer Innenstadt aus den Händen des Street-Art-Duos Herakut entstandene Wandgemälde „Gegen das Vergessen“, welches sich auf das Projekt von Luigi Toscano, der seit 2014 um die Welt reist und Holocaust-Überlebende als Zeitzeugen porträtiert, bezieht.

Das ungewöhnliche Ausstellungsformat weckte die Neugierde der Besucher vom RGR, Bezüge zu aktuellen Problemen und Debatten wie der Flüchtlingskrise entstanden – aber auch Erinnerungen an Familienerzählungen und -geschichten der eigenen Vorfahren wurden zu geteilten Beiträgen. So fühlten sich am Ende alle bereichert durch die zu diesem komplexen Themenbereich gebotenen Anregungen.

Großen Dank an den Förderverein der Cohn-Scheune für diese spannenden Impulse, die in der Auseinandersetzung mit Bild und Text im öffentlichen Raum entstehen konnten.

RGR ehrt gemeinsam mit Bürgermeister Weber die Toten des Lagers Sandbostel

Gemeinsam mit Ihrer Lehrerin Bianca Baecker  waren Marie Sophie Kehrstephan, Hanna Cohrs und Ben Heckmann aus der Klasse 10PF des Ratsgymnasiums Gäste der aufgrund der Coronakrise verschobenen Gedenkfeier zum 29. April, dem Tag der Befreiung des Lagers. Nach einleitenden Worten von Dr. Lars Hellwinkel, dem leitenden Pädagogen der Gedenkstätte Lager Sandbostel sowie von Bürgermeister Andreas Weber richteten sie ein Grußwort der Klasse 10Pf und des gesamten Ratsgymnasiums an die Toten und die Lebenden, in dem sie darlegten, warum die Erinnerung an die Opfer des KZ-Systems in Rotenburg auch 75 Jahre nach ihrem Tod wichtig ist.

Andreas Weber und Dr. Lars Hellwinkel legten am Gedenkort einen Kranz nieder. Beinahe 20 bewegte und bewegende Minuten dauerte es anschließend, die Namen der erst befreiten und dann verstorbenen KZ-Häftlinge zu verlesen. Daran wurde deutlich, wie viele Menschen in Unterstedt in der Zeit bis zum 5. Juli 1945, also noch 9 Wochen nach der Befreiung, noch täglich an den Folgen der Bedingungen im Lager Sandbostel starben. Zwar Sie hatteb sie die Befreiung des Lagers am 29. April 1945 erlebt, konnten ihr Leben aber nicht fortführen, da sie begünstigt durch die menschenunwürdigen Bedingungen im Lager unter der Naziherrschaft an Typhus erkrankt waren und ihnen nach der Befreiung trotz Einlieferung in das britische Militärkrankenhaus in Rotenburg-Unterstedt nicht geholfen werden konnte.

Marie Kehrstephan spielte zum Abschluss der Gedenkveranstaltung zu Ehren der Toten eine musikalische Erinnerung auf der Klarinette.

MK

"Ein Zeichen gegen das Vergessen"

Lesen Sie hier den Artikel der Rotenburger Kreiszeitung vom 6. Juli 2020.

Lehrergalerie: Wo Eure Aufgaben herkommen…?

“Wo kommen eigentlich unsere Heimbeschulungsaufgaben her?” – mancher Schüler und manche Schülerin mag sich diese Frage ab und zu stellen. Die folgenden Bilder geben Euch Antwort, wo Eure Lehrerinnen und Lehrer während der Coronakrise so Ihre Arbeit verrichten…

BONUS: Erste Videokonferenz am RGR als historisches Bilddokument

Hier kann man recht eindrucksvoll sehen, was passiert, wenn Lehrer neue Technik ausprobieren. Wenn jemand von denen Euch das nächste Mal sagt, Ihr sollt keinen Quatsch machen…

Sportassistenten im Einsatz an der Stadtschule

Auch in diesem Schuljahr wird die erfolgreiche Kooperation der Stadtschule in Rotenburg mit dem Sportassistenten-Projekt des Ratsgymnasiums fortgesetzt. Den ersten Einsatz hatten die Sportassistenten in diesem Jahr am 13.03. bei einem Tennis-Turnier, das der ehemalige Ratsgymnasiast Matthias Mattick organisierte, der an der Stadtschule als Bundesfreiwilliger arbeitet. Die Grundschüler spielten das “Low-T-Ball”-Spiel, bei dem sie einen großen Tennisball unter einer hölzernen Begrenzung mit dem Schläger spielen mussten.

Für die meisten der acht Sportassistenten war es der erste reale Einsatz, da sie erst in diesem Schuljahr die Ausbildung absolvieren. Ergebnisse notieren, erklären, anfeuern oder aber auch mal trösten –  die zu bewältigenden Aufgaben waren bereits bei der Premiere breit gestreut.

Dieses besondere Erlebnis bedeutete sowohl für die aufopferungsvoll kämpfenden Grundschülerinnen und Grundschüler als auch für die unterstützenden Sportassistenten den Abschluss der Zeit in der Schule und den Beginn des “home office” und der sich anschließenden Ferien.

„Die Schule in den Zeiten der Corona“ – frei nach Gabriel García Márquez

Im Laufe des Morgens ausgerechnet am Freitag, den 13. März 2020, wurde klar, was Kollegien und Schulleitungen ebenso wie Eltern und Schülerschaft in ganz Niedersachsen, ganz Deutschland schon geahnt und befürchtet hatten: Die Landesregierung in Hannover verkündete wegen der sich rasant verbreitenden Coronainfektionen die Schließung aller Schulen.

Von vereinzelten Jubelnden abgesehen beherrschte vor allem betroffene Stille, Sorge und ein gewisses Maß an Erschrockenheit die Korridore, Klassenräume und Arbeitsbereiche des Ratsgymnasiums – ehe dann hektische Betriebsamkeit das Regiment übernahm: Klassenlehrkräfte eilten zu ihren Klassen, um sich zu verabschieden, Fachkolleginnen und -kollegen standen an den Kopierern, um zumindest die Oberstufenkurse noch mit Aufgaben zu versorgen. Schließlich wusste niemand zu sagen, ob das ausgegebene Enddatum der Schließungen, der 18. April, wirklich die Wiederaufnahme des Schulbetriebes bringen wird.

Ebenso wie andere Schulen wurde auch das Ratsgymnasium Rotenburg von der Wucht und Geschwindigkeit der sich entwickelnden Ereignisse überrascht, wenngleich die Schule nicht gänzlich unvorbereitet war, vor allem in der notwendigen technischen Ausstattung, aber auch in notwendigen Softwarelösungen und deren Anwendung.

2017: Lars Klingbeil besucht “erlebe IT” am Ratsgymnasium – eines der zahlreichen Angebote der Schule in diesem Bereich

Der in dieser konkreten Situation sicherlich größte Vorteil der Schulen in der Trägerschaft des Landkreises Rotenburg ist das schulinterne Iserv-System. Durch diese Online-Plattform, die an der Schule bereits seit 2013 genutzt wird, ist es dem Kollegium möglich, zu den eigenen Schülerinnen und Schülern unkompliziert Kontakt zu halten. Neben seiner Funktion als Kommunikationsmittel ermöglicht IServ auch den sicheren Datenaustausch und bietet ein Modul zur einfachen Aufgabenverteilung an Lerngruppen. Dateien, Arbeitsblätter, Hörtexte und vieles mehr kann zur Verfügung gestellt, von den Schülerinnen und Schülern abgerufen, bearbeitet und wieder hinterlegt werden, so dass die Fachlehrkräfte die Bearbeitungen korrigieren und zurücksenden können.

In der praktischen Umsetzung heißt das, dass die Schülerinnen und Schüler am Wochenanfang Aufgaben gestellt bekommen, die bis zum folgenden Freitag bearbeitet werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht den Lernenden eine individuelle Einteilung der Lernzeit, ein Ansatz, der angesichts der auch zu Hause vielleicht etwas unübersichtlichen und unterschiedlichen Bedingungen sicherlich sinnvoll ist. So können Aufgaben entweder konzentriert auf einen oder verteilt auf mehrere Tage bearbeitet werden.

Ein sich hieraus für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen ergebendes Problem haben diese jedoch bereits identifiziert: Die Bündelung der digitalen Abgaben am Freitag macht es ihnen beinahe unmöglich, der eingehenden Menge an bearbeiteten Aufgaben gerecht zu werden. Denn zu allgemeine, nur eingeschränkt individuelle Rückmeldungen an die Schülerinnen und Schüler erscheinen gerade bei komplexen Aufgaben eher wenig sinnvoll. „Dies ist eben keine Rückmeldung und Lehrmöglichkeit, wie sie sonst in der Schule existiert,“ so Mathematiklehrer Lars Wollschläger über die ausschließlich schriftliche Kommunikation. Was fehle sei die im Unterricht so problemlos zu realisierende, gemeinsame, konstruktiv-kritische Besprechung von Arbeitsergebnissen.

So sehen derzeit wohl viele Lehrerarbeitsplätze aus – isoliert und fernab der Schülerschaft.

Dass diese aber von zentraler Bedeutung wäre, ergibt sich aus den insbesondere in den Sprachen, geistes- oder sozialwissenschaftlichen Fächern gestellten, oftmals komplexen Aufgabentypen: textgestütztes Schreiben, Analysen, Interpretationen. Für diese müssen oftmals Musterlösungen mit klärenden Anmerkungen und Erläuterungen bereitgestellt werden, die die Schülerinnen und Schüler selbst abgleichen – ergänzt dann noch um die individuelle Rückmeldung. Die Kolleginnen und Kollegen aus Naturwissenschaften und Mathematik sehen ihre Möglichkeiten da etwas pragmatischer, können Rechenwege und Lösungen doch einfacher als Musterlösung angeboten werden, insbesondere dann, wenn zur Übung vorwiegend Anwendungsaufgaben gestellt werden.

Regina Koch, Lehrerin für die Fächer Kunst und Deutsch am Ratsgymnasium, hat für sich und ihre Lerngruppen einen etwas anderen Weg für die Sicherung der Arbeitsergebnisse gefunden. Sie sammelt die gelungensten Ideen, Ansätze und Gedanken und verwandelt diese unter Verwendung der Formulierungen der Lernenden in eine kollektive Ideallösung. Ein spannender, die geleistete Arbeit wertschätzender, aber enorm ressourcenintensiver Prozess. Und eben dieser Faktor Zeit erweist sich überraschenderweise insgesamt als problematisch – zunächst einmal von außen betrachtet kaum vorstellbar, sind die Lehrerinnen und Lehrer doch zwangsweise befreit von der täglichen Unterrichtsverpflichtung mit Anwesenheit in Schule und Klassenraum. Der Umgang mit den Ergebnissen ist es aber eben, der so viel Zeit erfordert.

Jochen Baecker erstellt zur Besprechung von Aufgaben Erklärvideos

Da braucht es, so wie bei Deutschlehrer Jochen Baecker, kreative Lösungen, die die Kraft des gesprochenen Wortes nutzen und dabei bei den Schülerinnen und Schülern hoffentlich so etwas wie das Gefühl eines physisch präsenten Pädagogen aufkommen lässt: „Einen Aufsatz, den meine 7. Klasse in Deutsch schreiben musste, habe ich über ein youtube-Video besprochen. Da die Aufgabe insgesamt wirklich gut gelöst wurde, brauchte ich in dem Film eigentlich fast nur zu loben. Zwei Dinge, die bei mehreren Schülern ein Problem waren, habe ich dann auch besprochen.“

Sein Gedanke dabei ist aber auch der, dass es für die Schülerinnen und Schüler positiv wirkt, die Lehrkraft hinter den Arbeitsblättern zu sehen und zu hören und sich nicht in einem anonymisierten Hin und Her von Aufgaben und Bearbeitungen zu verlieren. Die menschliche Komponente, die Zwischenmenschlichkeit, die für Schule und Lernen so zentral ist, fehlt eben doch – und das bereits nach einer Woche.

Die direkte Interaktion ist aber nicht nur für die Schülerinnen und Schüler am Ratsgymnasium Rotenburg von grundlegender Bedeutung. Lars Wollschläger hierzu: „Ich kann feststellen, dass mich diese sozial distanzierte Zeit wieder in meiner Berufswahl bestätigt. Der direkte Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern, aber natürlich auch der Austausch mit den Kollegen und Kolleginnen fehlt. Natürlich lassen sich die Umstände für ein oder zwei Wochen aushalten, wäre dies aber der Alltag eines Lehrers, so hätte ich einen anderen Beruf gewählt.“

Ulrike Lützen, Lehrerin am Ratsgymnasium Rotenburg und selbst Mutter dreier Kinder, wünscht sich aufgrund der Beobachtungen auf beiden Seiten deswegen dringend eine Möglichkeit zur Videokonferenz, um allgemeine Fragen zu klären, Aufgaben zu besprechen oder einfach nur das Gefühl zu vermitteln, die eigenen Lehrerinnen und Lehrer sind noch da, man kann dann „[…] einfach miteinander sprechen.“

Schülerinnen und Schüler wie Celina Gaab oder Anton Lüdemann bemerken genau dies, wenngleich ihnen der Sinn der Schutzmaßnahmen völlig klar ist: „Was mir auffällt ist, dass man sehr wenig soziale Kontakte hat, was natürlich auch gewünscht ist, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren,“ schreibt Anton aus dem 11. Jahrgang. Celina, eine Klassenkameradin, verweist auf die nicht unerheblichen Schwierigkeiten dabei, zu Hause für mehr als ein schulpflichtiges Kind die notwendigen Zeiten am Rechner zu organisieren. „Da ist es schwierig, den Tag so zu timen, dass alle ihre Aufgaben am Computer vernünftig bis zum vorausgesetzten Termin erledigen können.“

Als weitere Schwierigkeit ergibt sich, dass der Server der Schule morgens zur Hauptzugriffszeit um 10:00 Uhr meistens überfordert ist. „Aber nach ‘ner Zeit geht’s dann auch wieder,“ bemerkt Lea Schwacke aus dem 8. Jahrgang ganz pragmatisch. Grundsätzlich empfinden die meisten Schülerinnen und Schüler die Arbeit mit IServ und die Zeit zu Hause als positiv – noch.

Arbeit am iPad gab es am RGR auch schon vor der Coronakrise – hier bei der “Langen Nacht der Mathematik” im Jahr 2019.

Aber es gibt auch warnende Stimmen zu den Folgen des isoliertem Onlineunterrichts: „Ohne den Tag zu strukturieren, ist es gerade schwer!“ Hendrik Beek, Kollege am Ratsgymnasium und selbst Vater zweier schulpflichtiger Kinder, macht Erfahrungen auf beiden Seiten. Er berichtet, dass die Aufgaben oft mit Klassenkameraden zusammen via Videoanruf bearbeitet würden – für viele Schülerinnen und Schüler ohne Unterstützung der Eltern sicher schwierig.

Gerade die jüngere Schülerschaft hat Probleme im Umgang mit der Technik, scheitert daran, Dateien zu öffnen, Lösungen hochzuladen oder abzuschicken. Dies führt oftmals zu großer Verunsicherung – viermal habe eine Fünftklässlerin per Mail nachgefragt, ob denn Ihre Lösung auch wirklich angekommen sei, so Lehrer Harald Asmuth. Hier offenbart sich ein sehr reales Problem – die Generation der sogenannten „digital natives“ ist gar nicht immer so zu Hause im Netz und in der Technik, wie allgemein unterstellt wird.

Auch wenn die Schulen in der Vergangenheit im Lehrplan schon reagiert haben, so kann noch lange nicht alles aufgefangen werden, dazu fehlen oftmals Zeit und Technik. Aber sicher ist, dass der Wille auch weiterhin zu lernen bei einem überwältigenden Teil der Schülerinnen und Schüler stark ist. Hier spielt auch die Sorge um die eigene unmittelbare oder fernere schulische Zukunft eine Rolle. „Wir müssen das ja sonst irgendwann alles nacharbeiten,“ merkt Leonie Wendt, Klasse 8, an. Überhaupt blitzen in den Aussagen der Schülerinnen und Schüler neben der auch durchaus noch vorhandenen Freude über die Möglichkeit zum Ausschlafen immer wieder Sorge oder sogar echte Angst auf.

Corinna Barkholdt, Lehrerin für Politik und Deutsch, sieht dann auch, obgleich auch sie eine hohe Arbeitsbereitschaft und hohes inhaltliches Interesse bei ihren Schülerinnen und Schülern erkennt, die Aufgabe des Kollegiums vor allem darin, jenseits fachlicher oder inhaltlicher Nachfragen mit den gegebenen Rückmeldungen Präsenz zu signalisieren und Orientierung zu bieten. “Ich sehe diese Situation nicht als digitales Experiment zur fachlichen Optimierung, sondern vorrangig als pädagogischen Ernstfall,“ so die Lehrerin. Es seien emotionale Intelligenz und pädagogische Sensibilität und Kreativität gefordert.

Fest steht, dass in der Nachlese der Schulschließungen die vielerorts begonnene und auch durchaus intensiv betriebene Auseinandersetzung mit der Zukunft der Digitalisierung am Ratsgymnasium Rotenburg, in Niedersachsen und den anderen Schulen in Deutschland fortgesetzt werden muss. Erfahrungen haben wir alle gesammelt – nun müssen alle Akteure daraus lernen.

Ironie am Rande der Geschichte: Eine aufwändig geplante, auf zwei Tage angesetzte Klausurtagung mit zahlreichen externen Referenten musste am Ratsgymnasium wegen des Coronavirus abgesagt werden. Thema…? „Zukunft und Möglichkeiten der Digitalisierung am Ratsgymnasium“.

„Management Information Game“ mit Teilnehmerschaft des Ratsgymnasiums

Im Rahmen des „Management Information Game“ der Sparkasse Rotenburg-Osterholz nahmen 21 Schülerinnen und Schüler vom Ratsgymnasium und der BBS Rotenburg fünf Tage an dieser jährlichen Wirtschaftssimulation teil, bei der sie in die Rolle von Unternehmern schlüpften, die ihr Produkt vermarkten wollen.

Obwohl sie den Ausfall des vorgesehenen Präsentationsabends am vergangenen Donnerstag verkraften mussten, gab es laut Andreas Mätzold, Spielleiter des MIG bei der Sparkasse, dennoch überzeugende Ergebnisse der dargestellten Firmen. Zwar waren die Jungunternehmer enttäuscht, dass sie ihre Produkte schließlich nicht wie üblich einer Jury präsentieren konnten, gleichzeitig überwog aber angesichts der Lage die Freude, dass das Planspiel zu Ende gebracht werden konnte.

Mit spannenden Produktideen wie der einer elektronischen Zahnbürste mit Bluetoothanbindung über innovative Kopfhörer bis hin zum medizinischen Gesundheitstest für die Tasche haben die Schülerinnen und Schüler ihre Produkte erdacht, vermarktet und versucht, sich mit ihnen auf dem virtuellen Wirtschaftsmarkt zu behaupten.

Die Schülerinnen und Schüler des Ratsgymnasiums Rotenburg waren inzwischen zum 13. Mal beim Planspiel dabei und waren, ebenso wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger in den Jahren zuvor, begeistert von den Einblicken und Erfahrungen, die sie in dieser Woche haben sammeln können.

Eindrücke vom MIG 2020

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