Es war sicher nicht die am besten besuchte Lesenacht der vergangenen Jahre, aber in vielerlei Hinsicht sicherlich eine der spannendsten, war doch das bereits im letzten Jahr festgelegte Thema „Heimat“ im Angesicht der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse der letzten Wochen ungeahnt aufgeladen.
Die von den Lesenden gewählten Annährungen und Auseinandersetzungen trugen dem durchaus Rechnung, waren persönlich und individuell, reflektierend und diskursiv und teils auch humorvoll und einfach unterhaltsam. Lesungen, Kurzvortrage, Performances, Gruppen- und Einzelauftritte, Poetry Slams – die Darbietungsformen waren dabei ebenso mannigfaltig wie die Zugänge zu diesem schwer fassbaren Begriff, „Heimat“. Besonders spannend waren die zahlreichen lyrischen Auseinandersetzungen durch Schülerinnen und Schüler des 12. Jahrgangs, die nach dem Zufallsprinzip selbstverfasste Heimatgedichte vortrugen und dabei zu interessanten Einblicken in die eigene Weltsicht gewährten. „Heimat – eine Frage der Perspektive“, so das Fazit eines der Nachwuchspoeten. Aber auch Mitglieder der jüngeren Jahrgänge trugen eigene Texte zum Thema vor, teils selbstverfasst, teils von zeitgenössischen oder vergangenen Autoren ersonnen.
In teilweise liebevoll hergerichteten Räumen, zum Beispiel in der von Sigrid Baden-Schirmer und Doris Nickau bereits herbstlich-gemütlich ausstaffierten Bibliothek (Bild: Sigrid Baden Schirmer liest aus Ulla Hahns „Aufbruch“), lasen Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen des Ratsgymnasiums.
Zum Abschluss gelang dann noch ein ungewöhnliches Experiment: Musikalisch angeleitet und am Klavier begleitet von Deutschlehrerin Kerstin Lubkowitz versuchten sich die Anwesenden an der heute aus der Zeit gefallenen Ode an seine Heimat, dem „Rotenburg-Lied“ von Kantor Helmke.
Direkt am nächsten Tag stand die Kriegsgräberpflege auf dem Tagesprogramm. Wir wurden in zwei Gruppen eingeteilt, welche dann abwechselnd die Gräber gepflegt oder in einem Workshop teilgenommen haben. Dies klingt vielleicht im ersten Moment komisch, aber ich rede im Namen der Klassen, wenn ich sage, dass das für uns keine elendige Aufgabe war. Es war eine kleine Ehre dies für die gefallenen Personen zu tun und ihnen unseren Respekt zu zeigen, indem wir uns ein wenig um die Gräber gekümmert haben. In dem kleinen Workshop haben wir uns z.B. mit den Geschichten auseinandergesetzt, die hinter manchen Gräbern stecken.

