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Die nach wie vor besonderen Umstände des alltäglichen Lebens machten es nötig: Gleich zwei Mal wurde am Freitagmorgen die Feier zur Entlassung und Verabschiedung des Jahrgangs 2021 am Ratsgymnasium mit dem Einzug der frischgebackenen Abiturientinnen und Abiturienten eröffnet. “Passt ja – letztes Jahr gab’s ja kein Abi. Also dieses Mal doppelt feiern!” schmunzelte einer der anwesenden Kollegen und verwies damit auf die Pause durch den Wechsel zu G9 im vergangenen Schuljahr.
Für die Schülerinnen und Schüler war die Trennung in zwei nach Tutorengruppen getrennte Veranstaltungen zwar bedauerlich, nach der wochenlangen Sorge, ob es aber überhaupt eine standesgemäße Verabschiedung geben würde, nahm man die Einschränkung aber gerne in Kauf. Sie war ja letzten Endes nur eine in einer langen Reihe, die einen dicken Strich durch so viele Traditionen rund ums Abitur gemacht hatten – seien es ausgefallene Kurs- und Jahrgangspartys, die Kursfahrten oder aber der Abischerz.
So zogen nun also einmal um 10:00 Uhr und einmal um 12:00 Uhr die dem Anlass angemessen gekleideten und sichtlich stolzen nunmehr beinahe ehemaligen Schülerinnen und Schüler des Ratsgymnasiums vorbei an ebenso stolzen Eltern und Lehrkräften ein in die feierlich zurechtgemachte Aula der Schule, um ihre Abiturzeugnisse aus der Hand der Schulleiterin Iris Rehder in Empfang zu nehmen. Zunächst aber gab es aber – auch dies ganz im Zeichen und Geiste der vergangenen Monate – zur Begrüßung eine eingespielte Videogrußbotschaft des Landrates Hermann Luttmann. Dieser hatte für die insgesamt 82 Abiturientinnen und Abiturienten vor allem eine Botschaft: “Seien Sie stolz – es ist Ihr Abitur, es ist Ihre Leistung.” Er wisse um die zahlreichen Entbehrungen der letzten Monate, aber so könnte nun die Frage potenzieller Arbeitgeber nach der eigenen Belastbarkeit mit “Ja, denn ich habe 2021 mein Abitur gemacht!” beantwortet werden.
Nach der Begrüßung durch Schulleiterin Iris Rehder durften die Anwesenden zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Livemusik in der Aula genießen (Bild): Dankenswerterweise hatten sich Elina Schumacher aus dem 11. Jahrgang am Ratsgymnasium und ihre Partnerin Alina Kober vom Domgymnasium bereit erklärt, für musikalische Begleitung zu sorgen. Das Klavierduo hat in diesem Jahr beim Bundeswettbewerb “Jugend musiziert” den 1. Bundespreis gewonnen.
Als zuständige Koordinatorin sprach Dana Stäblein-Fischer (Bild), die den Jahrgang seit der 11. Klasse durch die Oberstufe begleitet hat. Mit Augenzwinkern verwies sie auf das Netzangebot der Seite “Abireden-schnell-und-leicht.de”, das ihr als Stütze beim Verfassen der ersten Abiturrede gedient habe. Wenig rezepthaft indes war dann tatsächlich die emotionale und sehr persönliche Ansprache an die Anwesenden, den die Koordinatorin einen “in vielerlei Hinsicht einen ganz besonderen Jahrgang” nannte. Schließlich sei es ihr erster als Koordinatorin gewesen, aber auch die erschwerten Rahmenbedingungen sorgten doch für eine enge Bindung. In launigen und emotionalen Anekdoten schilderte Stäblein-Fischer die Beziehung zum 2021er-Jahrgang, ehe sie sichtlich bewegt schloss: “Ihr seid mir ans Herz gewachsen – ich werde Euch vermissen!”.
Um 10:00 Uhr sprach für die Elternschaft Klaus Rinck, der zunächst einmal dem Kollegium des Ratsgymnasiums seinen Dank für die in schwierigen Zeiten geleistete Arbeit dankte. Den Abiturientinnen und Abiturienten gratulierte er zum Geleisteten, trat aber auch mit dem Wunsch auf sie zu, in Zukunft gesellschaftliche Präsenz zu zeigen und die vielfältigen Möglichkeiten für Partizipation und Engagement zu nutzen. Zuversichtlich sei er was die Zukunft dieser Generation angeht- wer das vergangene Jahr bewältigt habe, der sei gut gewappnet für die Anforderungen, die kommen werden.
Genau zwei Stunden später trat an gleicher Stelle Martina Patschull-Vellguth (Bild) abermals für die Eltern, aber auch für den Schulelternrat ans Rednerpult. Sie habe sich auf die Rede ebenso frühzeitig vorbereitet wie manche Prüflinge auf die Abiturklausuren, so die Juristin augenzwinkernd. Sie gab den Abiturientinnen und Abiturienten deshalb einen berufsspezifischen Tipp mit auf den Weg: “Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit”. Allerdings sei diese Aussage nicht so selbstbeschneidend zu verstehen, wie sie zunächst klingen mag. Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit seien vielmehr wichtig, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. “Übernehmen Sie Verantwortung, gründen Sie Familien, verdauen Sie Rückschläge. Treten Sie sicheren Schrittes in die Zukunft – insbesondere angesichts der Ahnungslosigkeit, was Ihnen das Leben bringen wird!”
Für die Abiturientinnen und Abiturienten sprachen Eva Kruschinski und Arthur Weigle (Bild) auf beiden Veranstaltungen. Ein ganz besonderer Anlass sei es, hier nun zu stehen, so unsicher, wie die Rahmenbedingungen doch gewesen seien.
In der heiteren, mit scheinbarem Stehgreif kokettierenden Rede boten die beiden zunächst einen humorigen Überblick über all das, was in den vergangenen dreizehn Jahren den Schulalltag dominiert hat, darüber, wie aus dem angekündigten “Ernst des Lebens” irgendwann Alltag wurde – und erläuterten, wie nervig manchmal die Zeit zwischen den Pausen sein konnte.
In der zweiten Hälfte der Redewurde indes ein ernsthafter Ton angeschlagen: Zwar habe man ab Ratsgymnasium gemeinsam mit den eigenen Lehrkräften die Anforderungen der letzten Monate gut bewältigt, die insbesondere ihrer Generation auferlegten Ein- und Beschränkungen seien aber nicht immer nachvollziehbar gewesen, oftmals hätten diese sogar willkürlich gewirkt. So sei es nicht leicht zu akzeptieren gewesen, immer zurückgestellt zu werden, obwohl man doch als junge Generation angeblich “so wichtig” sei. Gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe in der Zukunft sei es deshalb, die entstandenen Gräben zwischen Jung und Alt wieder zu schließen.
Auch Schulleiterin Iris Rehder nannte die besonderen Umstände der vergangenen Monate den “Elefanten im Raum”, den man nicht ignorieren könne – der Blick solle aber vor allem der Gegenwart und Zukunft gehören. Eines habe die Gesellschaft, hätten wir alle gelernt: “Wir sind nicht, wir funktionieren nicht allein. Der Zusammenhalt zwischen Freunden und in Familien hat einen neuen Wert bekommen.” Achtsamer seien wir und seien insbesondere auch die Abiturientinnen und Abiturienten geworden, die lernen mussten, andere genauer zu lesen, um diese Zeit zu überstehen.
Das sei wichtig, so Rehder, denn wir alle wüssten nicht, wie die kommenden Krisen aussehen werden – aber wir werden uns in ihnen auf diese Generation und ihre Zukunftskompetenzen verlassen müssen. Mit Antoine de Sainte-Exupérys Forderung „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen“ entließ sie die nunmehr ehemaligen Schützlinge des Ratsgymnasiums.
Im Rahmen der anschließenden Zeugnisausgabe, bei der die Abiturientinnen und Abiturienten auch wieder die traditionellen Alberten (Bild) erhielten, gab es auch zahlreiche Ehrungen für besondere schulische oder soziale Leistungen. So erreichten z.B. beeindruckende 25 Prüflinge einen Abiturschnitt unter 2,0. Mit der Note 1,5 und besser schlossen 14 Abiturientinnen und Abiturienten ihre Schulzeit ab – Sophia Heeg, Ella Parry und Ruben Bartel erreichten sogar die Traumnote 1,0.
Neben den zahlreichen Ehrungen in den verschiedenen Sprachen, Natur- und Geisteswissenschaften erhielten Beispielsweise Franka Pohl und Helene Bargfrede Ehrungen der Schule für ihre jahrelange Tätigkeit beim Schulsanitätsdienst.